Die Eisraben Chroniken
von Vaylan Chorus
13. April 1641*
Der Sturm peitschte immer wieder in dieser düsteren Nacht an meinem Fenster. Immer wenn ich nach draußen sah und ein greller Blitz die umliegende Landschaft für einen kurzen Augenblick in eine unheimliche Lichtstimmung tauchte, hatte ich das Gefühl die Dämonen meiner Kindheit würden mich nun als Erwachsener Mann wieder heim suchen und an meiner Türschwelle kratzen.
Mein Vater hatte sich über meine Alpträume stets amüsiert und manchmal verteufelte ich ihn dafür, besonders dann wenn er mich vor einem Gast damit aufzog und ich darauf hin peinlich berührt den Raum verließ. Was meinen Vater damals amüsierte - hin und wieder sogar als Unfug betrachtete - war bereits damals für mich beängstigend und mehr als nur Albträume. Jetzt, in dieser von Gott verlassenen Nacht und diesem seltsamen Schreiben auf meinem Schreibtisch, erwecken diese Träume von damals auf mich den Eindruck das hier eine übernatürliche Kraft ihre Wirkung auf mich entfaltet. Ich habe ein ungutes Gefühl, bin unruhig, kann nicht schlafen und nippe bereits seit zwei Stunden an meinem ersten Glas Scotch.
Ich ertappe mich dabei wie ich dieses Siegel immer und immer wieder mit meinem zittrigen Zeigefinger berühre: Ein Rabe mit einer finsteren Schlange in seinen Krallen. Ich kannte dieses Siegel bereits, schon seit vielen Jahren...aus meinen Träumen. Unterzeichnet ist der Brief mit "königliche Hoheit Herzogin Alexandra Eisrabe". Seltsamer Name, noch nie gehört, der Familienname legt zumindest eine deutsche Herkunft nahe. Um so erstaunlicher der Inhalt des Briefes. Er ist nicht an mich, sondern an meinem Vater persönlich gerichtet, vertraulich, so als wenn unsere Familien schon in der Vergangenheit mit einander zu tun hatten, in welcher Hinsicht ist mir aber unklar.
Fakt ist jedoch, dass der Kontakt etwas eingefroren zu sein scheint, denn offensichtlich wusste Lady Eisrabe nichts über den gesundheitlichen Zustand meines Vaters und das dieser vor zwei Jahren verstorben war. Inhaltlich ging es jedenfalls um eine geplante Expedition im Frühsommer diesen Jahres. Sehr detailreich, wenn auch etwas emotional Ausschweifend. Lady Eisrabe erwähnt einen mir vollkommen unbekannten Inselkontinent mit dem Namen "Aeternum". Mysteriöse Artefakte, eine alte Zivilisation und geheimnisvolles Wissen, aber auch Macht und Reichtum werden versprochen.
Was speziell meinen Vater betrifft, so scheint Lady Eisrabe großes Interesse an der Jagdfähigkeit meines Vaters zu haben.
Zwar ist mein Vater nicht mehr am Leben, aber glücklicherweise hat Er mich gut trainiert und im Umgang mit Fernkampfwaffen habe ich ein noch größeres Talent an den Tag gelegt als mein alter Herr. Nur meine Jagdinstinkte sind nicht so geschärft wie bei meinem Vater, was einfach an der fehlenden Praxis der letzten Jahre liegen könnte.
Für einen einfältigen Glücksritter hört sich der Inhalt dieses Briefes sehr verlockend und berauschend an. Doch ich bin kein Glücksritter, auch kein Schatzsucher und erst recht kein Dummkopf. Wenn man versucht zwischen den Zeilen des Briefes zu lesen fällt einem schnell auf das der Inhalt sehr persönlich und direkt formuliert ist, jedoch die persönlichen Motive von Lady Eisrabe komplett im Dunkeln verbleiben. Zeit für Nachforschungen. Jedoch nicht jetzt, nicht in dieser dämonischen Sturmnacht. Morgen ist auch noch ein Tag. Hoffentlich zur Abwechslung ein schöner Tag.
16. Mai 1641*
Nach meinen gründlichen Nachforschungen hatte ich mich dazu entschlossen Lady Eisrabe eine Antwort zukommen zu lassen und versuchte den Brief so neutral wie möglich zu verfassen. Darin hatte ich um ein persönliches Gespräch gebeten und knapp zwei Wochen später erreichte mich eine Einladung nach Amsterdam. Auch in ihrem zweiten Brief war Lady Eisrabe sehr direkt, bekundete mir aber nachträglich Ihr herzliches Beileid zu meinem Verlust und Sie freute sich über ein baldiges Kennenlernen.
Nun sitze ich hier in meiner Kajüte unter Deck der "flying Treasury" und mache mir noch mehr Gedanken als sonst über meine Alpträume, denn Sie sind zurück. Klarer und intensiver als in meiner Kindheit. Sie enden alle mit vielen dämonischen Fratzen und Klauen, wache schließlich Schweiß gebadet und mit zittrigen Händen auf. Mein Vorrat an guten Scotch ist fast verbraucht und dabei bin ich noch nicht einmal in Amsterdam, geschweige denn habe ich auch nur eine Silhouette von Aeternum am Horizont gesehen.
Irgendwie wird das alles immer verrückter, hoffentlich verliere ich nicht meinen Verstand. Versuche nun ein wenig zur Ruhe zu kommen. In Amsterdam werde ich wohl so schnell keine mehr finden und auf der großen Reise über den Ozean erst recht nicht. Hoffe zumindest endlich mehr Antworten auf meine Fragen, bin sehr gespannt was für eine Person die Herzogin ist.
*= So lange keine genauen Zeitangaben durch die Entwickler bekannt gegeben werden, verfasse ich die Texte mit eigenen Angaben und korrigiere diese bei Bedarf nachträglich.